Theater spielen ist hartes Handwerk

Gutes Theater ist hartes Handwerk“

BZ-Interview von Bernd Fackler mit Dietmar Holzer und Armin Holzer über ihr gemeinsames Hobby: Regie führen bei Theatern in Elzach und Freiburg, Badische Zeitung, Elzacher Ausgabe, 8. Januar 2010
Zwei Brüder, ein Hobby: Dietmar Holzer (44), führt Regie bei Theateraufführungen in Elzach, Armin Holzer (39) war bis jetzt Regisseur bei der Alemannischen Bühne in Freiburg. Und ihr Vater Bernhard spielt seit 40 Jahren eine tragende Rolle bei einem frühmorgendlichen Fastnachts-Schauspiel in Elzach. BZ-Redakteur Bernd Fackler unterhielt sich mit beiden Brüdern über ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Theaterspiel.

BZ: Was ist das besonders Reizvolle am Hobby Regie führen?
Dietmar Holzer: Es gibt viele Aspekte: Die Umsetzung eines Stücks vom Manuskript bis zur Bühnenfassung. Zu sehen, wie aus einem Gedanken oder einer Vorstellung ein sichtbares Ergebnis wird. Dem Stück eine eigene Handschrift geben, wachsende Kreativität, aus Solisten eine Mannschaft formen. Durch die intensive Probenarbeit entsteht bei uns immer ein familiärer Charakter innerhalb der Truppe. Für mich war es immer wichtig, bei der Arbeit auch auf persönlich Nähe zu bauen. Die Akteure sollen untereinander Vertrauen aufbauen und sich wohl fühlen. Wir gehen teilweise auch sehr deutlich miteinander ins Gericht, für mich ist es aber unabdingbarer Teil einer konstruktiven und offenen Arbeit.
Armin Holzer: Das Übersetzen von Sprache in Bilder.

BZ: Und wie kam es dazu?
Dietmar Holzer: Meine ersten Bühnenerfahrungen gehen in die Zeit des Kolpingtheaters zurück. Die habe ich sehr genossen. 1996 hatte ich dort die Regie als Nachfolger von Reinhard Pfaff übernommen. Der Beginn meiner aktiven Zeit als Darsteller liegt schon fast 25 Jahre zurück. Ich hatte dann das Glück, in den 90er Jahren in Freiburg mit Jesse Coston arbeiten zu dürfen. Seine Art, Regie zu führen und seine Liebe zum Theater haben mich geprägt und meinen Ehrgeiz gestärkt, eigene Wege zu gehen.
Armin Holzer: Ich war noch relativ frisch bei der Alemannischen Bühne, als ich mich bereits für die Regiearbeit interessierte, was aber zum damaligen Zeitpunkt leider noch nicht möglich war. Als 2003 zwar ein Stück ausgewählt worden war, sich jedoch kein Regisseur fand, der es inszenieren wollte, ließ ich mich nicht lange bitten.

BZ: Wie suchen Sie jeweilige Stück aus?
Dietmar Holzer: Ich lese die ersten Manuskripte im August. Vor fünf Jahren musste ich zum Beispiel 30 Stücke lesen, um fündig zu werden. Ich habe auch schon im Hochsommer im Schwimmbad Theaterstücke gelesen. Die Auswahl erfolgt nach Anzahl, Verfügbarkeit und insbesondere Persönlichkeit der Darsteller.
Armin Holzer: Bei der Alemannischen Bühne habe ich immer etwa ein Jahr vor der Premiere gemeinsam mit dem Vorsitzenden zirka 20 bis 30 Stücke gelesen. Davon wurde dann eines ausgewählt, was aus unserer Sicht am besten den Bedürfnissen der Alemannischen Bühne, dem Publikumsgeschmack sowie der Ensemble-Zusammensetzung entsprach.

BZ: Ab wann und wie oft wird geprobt?
Dietmar Holzer: Meist ab Anfang November, dieses Mal bereits Mitte Oktober. Unsere aktuelle Produktion „Ä gmiedlich Wocheend`“ kam nach 34 Proben am 2. Januar zur Premiere. Dies entspricht einem geschätzten Gesamtaufwand von zirka 1900 Arbeitsstunden!
Armin Holzer: Bei den Amateuren ziehen sich die Proben oft über einen Zeitraum von gut fünf bis sechs Monaten hin bei zwei bis drei Proben pro Woche.

BZ: Was ist das Schwierigste, bis ein Stück steht?
Dietmar Holzer: Es gibt viele Baustellen: Die Charaktere der einzelnen Personen zu einem Ganzen zusammen zu führen, den Zugang zu den darzustellenden Figuren zu finden, ist entscheidend. Aber auch neue Leute zu integrieren und mit der Schauspielerei vertraut zu machen, ist für mich jedes Jahr eine spannende Herausforderung. Uns allen wird immer wieder bewusst, dass (gutes) Theater oft auch nur hartes Handwerk bedeutet.
Armin Holzer: Abgesehen davon, dass es nie leicht ist, ein Stück zu inszenieren, würde ich die Suche nach der richtigen Form, die sowohl der Aussage des Stückes, den Bedürfnissen der Bühne, sowie dem eigenen ästhetischen Empfinden gerecht wird, als eine der schwierigsten Aufgaben ansehen.

BZ: Wie kam die Truppe zusammen?
Dietmar Holzer: Ich hatte den Wunsch eines eigenen Theatervereins schon vor über zehn Jahren. Ein Frühstück mit „uns“ Ute Becherer machte den Entschluss endgültig. Konkret wurde es dann im Clubheim des damaligen SC Elzach: Drei meiner damaligen sportlichen Wegbegleiter wurden Gründungsmitglieder unseres Vereins „Hond & Gosche e.V.“, denn Fußball und Schauspielerei liegen ja nicht weit auseinander…

BZ: Wie gehen die Schauspieler mit Lampenfieber um? Und wie der Regisseur?
Dietmar Holzer: Lampenfieber ist selbstverständlich! Die Dosis, die jeder davon abbekommt, ist unterschiedlich und äußert sich auf unterschiedlichste Art: Vom rot gefleckten Dekolleté bis zum Dauerbesuch der sanitären Anlagen. Der Regisseur ist sich hingegen der Stärke der Truppe bewusst und muss dies allen vor den Aufführungen nur noch mal deutlich zum Ausdruck bringen…
Armin Holzer: Klar, gibt’s Lampenfieber. Als Schauspieler kann ich mich dem kaum entziehen. Als Regisseur allerdings schon: Ich schaue mir die Premieren meiner Stücke einfach nicht an…

BZ: Sie hören als Regisseur an der Alemannischen Bühne auf. Aber nicht mit dem Theater an sich?
Armin Holzer: Ich habe für die Alemannische Bühne noch das künftige Stück „Die letschte bisse de Hund“ vom Schriftdeutschen ins Alemannische übersetzt. Derzeit arbeite ich im Theater Freiburg als Produktionsleiter einer Hip-Hop-Oper und inszeniere mit den „Methusalems“ ein Stück über Kriegserinnerungen.

BZ: Ein Regisseur – ist wie ein…Dirigent? Oder wie ein Trainer? Oder was sonst?
Dietmar Holzer: …so oder so ähnlich! Uff alli Fäll vun allem ebbis…
Armin Holzer: Ein Dirigent, ein Trainer, ein Manager – das passt schon alles. Auf jeden Fall ist er eine Führungskraft und manchmal auch ein Geduldsesel…

BZ: Haben Sie selbst ein Lieblings-Theaterstück?
Dietmar Holzer: Äh nein, schlimm…? Aber ich habe Lieblingsschauspieler! Ich liebe Theater in all seinen Facetten. Theater kann unterhaltsam, lustig, aber auch politisch sein. Es soll wachrütteln, dramatisch oder nachdenklich sein. Theater muss auch im krassen Gegensatz zum Alltag gesehen werden. Wer sich dem Theater öffnet, öffnet sich dem Leben…
Armin Holzer: „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza.
(siehe auch: www.hond-gosche.de und www.alemannische-buehne.de)