2011

Auf der Suche nach dem Glück

Mit dem neuen Jahr haben auch die Proben für ein neues Theaterstück begonnen: Wolfgang Berthold, am Theater Freiburg seit einigen Jahren als Regieassistent tätig, inszeniert „Der blaue Vogel“ von Maurice Maeterlinck, dessen deutsche Erstaufführung Max Reinhardt 1912 am Deutschen Theater herausbrachte.

„Der blaue Vogel“ ist eine Geschichte über das Leben, das Erwachsenwerden und die Suche nach dem Glück mit allerhand allegorischen Figuren, Mensch gewordenen Elemente und lebenden Gegenständen, die eine kosmische Philosophie vom Wesen des Verhältnisses zwischen Mensch und  Natur transportieren, dem Denken Rudolf Steiners verwandt. Sie passt heute in die Sinnsuche jenseits etablierter Religionen und Konfessionen mit einer erstaunlich ökologischen Haltung.

Maurice Polydore Marie Bernard Maeterlinck, belgischer Schriftsteller und Dramatiker (geboren am 29. August 1862 in Gent), erhielt 1911 den Nobelpreis für Literatur. Er gilt  als einer der wichtigsten Vertreter des Symbolismus, der häufig die Hilflosigkeit des Menschen angesichts des Todes thematisierte. 1890 wurde er mit seinem Schauspiel „La princesse Maleine“ berühmt. 1892 entstand das  Märchendrama „Pelléas et Mélisande“, das als Oper unter anderem von Claude Debussy vertont wurde. In seinen Sachbüchern widmete er sich Bienen, Termiten, Ameisen und Blumen genauso wie dem Tod oder der Armut.
In der Literatur des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts war Maeterlinck ein weltweit bewunderter und gefeierter Meister der Avantgardeliteratur, der Literatur, Philosophie, Kunst, Theater und Musik beeinflusste. Zu seinen Bewunderern zählen Rainer Maria Rilke, Rudolf Steiner, Henry Miller, Kandinsky und Debussy. (siehe auch: http://www.litde.com/literatur-des-expressionismus/kontexte/maeterlinck.php)
1930 erwarb er ein Schloss in Nizza, das noch immer als Hotel „Palais Maeterlinck“ geführt wird. 1932 wurde er vom belgischen König Albert I. geadelt und zum Grafen ernannt. 1939 floh er in die USA, wo er bis 1947 lebte. Er starb 1949 in Nizza.

Wolfgang Berthold ist geboren und aufgewachsen in Stuttgart. Studium der Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft und Linguistik in Freiburg. Dramaturgische Arbeit für Thomas Hengelbrock, Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble und das Theater Freiburg (Die Walküre, Siegfried, Der mündliche Verrat). Seit der Spielzeit 2009/10 festes Engagement als Regieassistent am Theater Freiburg.

Wortgewaltige Abrechnung

Am 4. Februar hat im Freiburger Theater die „Winterreise“ von Elfriede Jelinek* Premiere. An der Inszenierung von Joachim Schlömer sind auch Mitglieder der „methusalems“ beteiligt.

„Winterreise“ umfasst acht Stationen und greift Zitate aus der „Winterreise“ von Franz Schubert auf. Das Werk gilt als eines ihrer persönlichsten. Aber nicht nur Biografisches analysiert sie hier, sondern auch gesellschaftspolitische Katastrophen wie der Skandal um die Hypo-Bank oder den medialen Umgang mit dem Fall Kampusch, ebenso wie die komplexe Beziehung zu ihren Eltern. Jelinek rechnet wortgewaltig und radikal mit sich und dem Leben da draußen ab. „Ich wandere nicht mehr gerne“, sagt Jelinek.“Das, was gewesen ist, auch das, was mich seit meiner Kindheit gequält hat, kommt jetzt an. Es ist lang gewandert und nun ist es bei mir angekommen.“

Elfriede Jelinek wurde am 20. Oktober 1946 in Mürzzuschlag, Österreich. Ihre ehrgeizige Mutter trimmt sie zum Wunderkind, lässt sie das Spiel mit Klavier, Geige, Blockflöte, Bratsche, später auch Orgel lernen. Mit 13 Jahren studiert sie auf dem Konservatorium Komposition.

Seit ihrer Kindheit ist Jelinek hyperaktiv, hat Panikattacken und Angst vor Menschenmengen. Sie  kommt in psychiatrische Behandlung. Die Beziehung zu ihrer herrischen Mutter – der Vater, ein Chemiker,  lebt als Eigenbrötler ein eigenes Leben, bevor er 1969 an seiner Alzheimer-Erkrankung starb – thematisiert die Autorin immer wieder in ihren Texten.

2004 erhielt sie den Literaturnobelpreis für „den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen“.

Joachim Schlömer machte an der Folkwang-Hochschule in Essen eine Ausbildung zum Tänzer und Choreografen. Sein erstes Engagement erhielt er an der Opéra de la Monnaie in Brüssel bei der Mark Morris Dance Group. Danach gründete er mit der Compagnie Josch ein eigenes Ensemble.  1991 wurde er Ballettdirektor in Ulm, 1994 Direktor des Tanztheaters am Nationaltheater Weimar, 1996 Direktor des Tanztheaters am Theater Basel. Bis August 2006 hatte er eine Gastprofessur der Fakultät für Angewandte Theaterwissenschaften an der Universität Gießen.

Von der Spielzeit 2006/2007 an betreut Schlömer Kooperationsprojekte zwischen dem Freiburger und dem Heidelberger Stadttheater. Im September 2009 übernahm er auch die künstlerische Leitung des Festspielhauses St. Pölten.
Seit 2001 ist er auch als freischaffender Regisseur tätig, unter anderem für die Salzburger Festspiele, das Wiener Burgtheater, die Staatsoper Stuttgart, das Theater Basel, die Staatsoper Hannover, das Nationaltheater Mannheim, den Steirischen Herbst und die Wiener Festwochen.

Mit David Finn gründete er das Fischhouse, eine Performancegruppe in San Francisco, und mit Graham Smith in Lissabon Dogs, eine Zweimannkompanie, die in Europa auf Tournee ging.